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>>> Pantone Goe ist tot - eine kritische Bilanz

Vor fünf Jahren hat Pantone das Goe-System eingeführt, welches mittelfristig das betagte Pantone-Matching-System (PMS) ablösen sollte. Heute, fünf Jahre nach der Einführung, lässt sich sagen: Pantone Goe ist tot, spielt in der Druckbranche faktisch keine Rolle, wird von vielen Druckereien abgelehnt oder ist bei vielen Druckereien schlicht unbekannt. Anwender, die auf Goe gesetzt haben, sind enttäuscht, teuer erstandene Goe-Farbfächer unbrauchbar, auf Goe umgestellte Kunden sind verärgert. Was ist passiert? Unser Sonder-Newsletter geht dieser Frage nach und zieht eine kritische Bilanz.

Pantone Goe ist tot - eine kritische Bilanz. Von Christian Piskulla.

Vor rund fünf Jahren hat Pantone ein neues Farbsystem eingeführt, Pantone Goe. Das neue Farbsystem sollte das betagte Pantone-Matching-System (PMS) ablösen, welches bereits seit Mitte der 60er-Jahre im Einsatz war.

Pantone Goe versprach viele Veränderungen und Verbesserungen: Neue Rezepturen und Farbnamen, mehr und vor allem neue Farben, und - vielleicht der grösste Vorteil - einheitliche Schichtdicken im Druck. Pantone hat das neue System seinerzeit mit viel Aufwand beworben, ganzseitigen Anzeigen in Printmedien geschaltet. Vom Fachpublikum wurde das System gut angenommen, auch Cleverprinting hat seinerzeit einen umfangreichen Sondernewsletter zu Goe veröffentlicht (Link dazu unten).

Das Risiko: Goe vs. PMS - zwei Pantone-Systeme gleichzeitig am Markt

Pantone war seinerzeit bewusst, dass die Einführung eines neuen Farbsystems nicht ganz einfach ist, denn weltweit setzen hunderttausende Anwender das "alte" Matching-System ein. Pantone hat sich daher damals entschlossen, zunächst beide Systeme parallel am Markt zu belassen. Für Kunden, die noch mit dem Pantone Matching System arbeiten, sollte es weiterhin Farbfächer, Druckfarben usw. geben. Für Kunden, die mit dem neueren Goe-Farbsystem arbeiten wollten, neue Goe-Farbfächer, Goe-Software usw. Auch für InDesign gab es Goe-Paletten.

In unserem Newsletter haben wir dazu damals geschrieben: ... Pantone plant zwar, "mittelfristig" das PMS vom Markt zu nehmen, doch wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis es dazu kommt. Wir empfehlen jedoch allen Werbeagenturen, bei neu entwickelten Logos und CI-Konzepten bereits auf das neue Goe-System zu setzen. Bereits heute lassen sich so CI-Farben verlässlicher als bisher sicherstellen. Zudem sind so entwickelte CIs auf lange Sicht vor Veränderungen durch einen eventuellen Wegfall des herkömmlichen PANTONE Matching System geschützt."

Goe wurde von den Designern und Agenturen gut angenommen, Goe-Farbfächer waren in unserem Online-Shop monatelang ein Verkaufsschlager. Dann wurde es zunächst still um Goe, jedoch braucht so ein neues System ja auch etwas Zeit, um sich durchzusetzen.

Aber nach ca. zwei Jahren erreichten uns dann die ersten Beschwerden von Kunden, die Goe-Fächer erworben haben und nun Aufträge mit Goe drucken lassen wollten. Druckereien kannten Goe nicht oder weigerten sich, Goe-Farben anzuschaffen. Ich rief selbst bei meiner Druckerei an und fragte nach, und tatsächlich: Den wenigen Kunden, die Goe anfragten, wurde gesagt, man solle bitte statt Goe Farben aus dem "alten" PMS verwenden. Zur Begründung wurde mir mitgeteilt, dass man als mittelständische Druckerei "hunderte" Pantonefarben aus dem alten PMS auf Lager hätte, man hätte kein Interesse daran, jetzt noch ein zweites Lager mit Goe-Farben anzulegen. Zudem wäre die Nachfrage nach Goe einfach zu gering.

Selbstverständlich waren die Kunden verärgert, hatten sie doch für rund 120,- Euro (in der billigsten Variante) einen Goe-Farbfächer erworben und mit nicht geringem Aufwand Aufträge mit Goe-Farben gestaltet. Ich ging seinerzeit davon aus, dass es einfach noch etwas zu früh sei, Goe noch etwas Zeit bräuchte. Aber in den darauffolgenden Monaten häuften sich diese Beschwerden, und so haben wir seinerzeit damit angefangen, Kunden, die Goe-Farbfächer bestellten, telefonisch über eventuelle "Kompatibilitätsprobleme" zu informieren.

Aus Pantone Matching wird Pantone+, Goe verschwindet...

Dass es um das Goe-System nicht gut bestellt ist, wurde klar, als Pantone ein "Update" zum Pantone Matching System herausbrachte: Pantone+. Auch in InDesign CS6 waren die Goe-Paletten plötzlich verschwunden, PANTONE+ dafür verfügbar. Pantone hatte sich scheinbar entschlossen - entgegen der Aussagen von 2008 - das betagte PMS wiederzubeleben und stattdessen Goe einschlafen zu lassen.

Cleverprinting Goe-Umfrage: Goe ist tot!

Aber wie war es "in der Praxis" um Pantone Goe bestellt? Wer nutzt Goe? Im Mai 2013 haben wir eine Umfrage bei befreundeten Druckereien und Agenturen gestartet, mit ernüchterndem Ergebnis. Hier einige typische Aussagen:

... Seitens der Kunden gibt es bisher noch keine Anfragen nach der Pantone-Goe-Farbreihe.

... nein, weder wir noch unsere Kunden nutzen das Goe-System. Es ist mir auch noch nie "in freier Wildbahn" begegnet.

... Mir ist bislang jedoch kein Kunde untergekommen der explizit danach gefragt hat.

... ich weiß von keinem Kunden, der es nutzt. Wenn im Gespräch zum Thema Sonderfarben die Rede darauf kommt, wissen viele nicht mal, worum es geht.

Fazit unserer Umfrage: Pantone Goe ist tot, spielt faktisch keine Rolle. Selbst in großen CI/CD-Agenturen (wo Hausfarben ja ein grosse Rolle spielen) gab man an, so gut wie keine Kunden auf Goe umgestellt zu haben. Am erstaunlichsten waren für mich die Gespräche mit vielen Kundenberatern in Druckereien. Hier kannten einige Goe nicht einmal, gaben an, erst durch unsere Umfrage davon erfahren zu haben.

Was sagt Pantone?

Natürlich haben wir auch bei Pantone nachgefragt. Hier ist man sich der Probleme durchaus bewusst, auch gibt man offen zu, dass Goe sich am Markt nicht behaupten konnte. Hier das offizielle Statement von Pantone dazu:

"Das Pantone-Goe-System wurde als Ergänzung zum Pantone MATCHING SYSTEM entwickelt. Pantone hat viel Arbeit und Zeit investiert, den Bekanntheitsgrad des Goe-Systems und seine Verbreitung im Markt zu erhöhen. Zu einem gewissen Grad haben Nutzer das System angenommen, aber nach wie vor ist das Pantone MATCHING SYSTEM das führende Farbreferenzsystem, nicht zuletzt wegen der 50-jährigen Erfahrung und weltweiten Akzeptanz im Markt, die dahintersteht. Pantone wird das Goe-System weiterhin aufrechterhalten, und das System wird weiterhin eine einfach einsetzbare Alternative sowohl für Designer als auch für Druckereien bleiben."

De facto wird Pantone also weiterhin GOE-Fächer verkaufen, auch wenn Goe am Markt faktisch keine Verwendung findet. Goe-Anwender laufen Gefahr, seitens der Druckerei abgewiesen zu werden. Wie lange Pantone Goe noch am Markt hält bleibt zudem ungewiss.

Warum ist Goe gescheitert?

Pantone hat seinerzeit tatsächlich viel Geld und Zeit in Goe investiert, in Anzeigen und auf Messen für das neue System geworben. Aber scheinbar hat man unterschätzt, wie stark das alte PMS am Markt etabliert ist. Zudem gaben viele Agenturen uns gegenüber an, dass es unverhältnismässig aufwändig und teuer gewesen wäre, grosse Kunden auf Goe umzustellen. Da Pantone zudem keinen Termin für das Ende des Pantone-Matching-Systems bekannt gegeben hat, haben viele Agenturen hier auch keine Eile verspürt, umzustellen.

Der grösste Fehler lag vielleicht darin, die Druckereien nicht ausreichend informiert zu haben. Die Weigerung vieler Druckereien, Goe einzusetzen, hätte Pantone alarmieren müssen. Auch hätte Pantone die Kundenberater in den Druckereien besser informieren und ggf. schulen müssen. Das selbst gestandene Kundenberater in Druckereien heute, fünf Jahre nach dem Start von Pantone Goe, nicht wissen was Goe ist, kann man getrost als Kommunikationsdesaster bezeichnen.

Fazit: Pantone Goe ist tot.

Das Goe-System ist tot. Cleverprinting hat alle Goe-Produkte aus dem Online-Shop entfernt, wir bieten Goe nicht mehr an. Bei Kunden, die einen Goe-Fächer bei uns gekauft haben, können wir uns nur entschuldigen: sorry. Dieses Ende war nicht abzusehen. Goe hat (hatte) gegenüber dem PMS und auch Pantone+ viele Vorteile. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass hier noch eine Wendung eintritt, zumal Pantone mit dem Pantone+ System ja quasi einen PMS-Nachfolger veröffentlicht hat. Es ist davon auszugehen, dass Goe in absehbarer Zeit vom Markt verschwindet.

Wir hätten uns gefreut, wenn Goe-Anwender, die nun mit ihrem Fächer nichts anfangen können, von Pantone in irgendeiner Form Unterstützung erfahren würden. Denkbar wäre hier vielleicht eine Austausch-Aktion gewesen, ein Gutschein für Goe-Anwender oder ähnliches. Auf Nachfrage teilte man uns bei Pantone jedoch mit, das dergleichen nicht geplant ist.

Uns interessiert Ihre Meinung zum Goe-System, diskutieren Sie mit:

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Newsletter vom Oktober 2008 zum Start von Goe

http://cleverprinting.de/newsletter1008_2.html



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