Der Cleverprinting-Newsletter 2010

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Monitormythen und Begriffserklärungen

Kennzahlen, Marketing-Begriffe und ihre tatsächliche Bedeutung

Im Zusammenhang mit Monitoren gibt es eine geradezu inflationäre Anzahl an Kennzahlen, die zur Orientierung dienen sollen. Leider geht im Zahlendschungel die Übersichtlichkeit schnell verloren. Grund genug, der Zahlenmystik einmal auf den Grund zu gehen.

Von Raimar Kuhnen-Burger, Quato Technology GmbH

Kontrast

Die Datenblätter der Monitore weisen enorme statische Kontraste von 1000:1 und manchmal noch höhere dynamische Kontraste aus. Dynamische Kontraste beziehen sich dabei nur auf die Wiedergabe von Bewegtbildern. Was aber besagt diese Kontrastangabe denn genau? Bei einem Monitor mit einem Kontrast von 1000:1 ist das hellste Weiß 1000mal heller als das dunkelste Schwarz (sofern man das so sagen darf). Praktisch erreicht man diese Werte aber nicht, denn es würde bedeuten, den Monitor immer mit voller Helligkeit zu betreiben, was weder den Augen noch der Lebensdauer des Monitors zuträglich ist.

Kalibriert man einen Monitor gemäß der für Proofmonitore zuständigen ISO 12646, so sollte die Luminanz - je nach Umgebungshelligkeit - bei mindestens 120 und maximal 160 cd/m2 liegen. Aktuelle TFTs besitzen einen Schwarzwert von etwa 0,3 cd/m2. Dies bedeutet dann, dass bei 120 cd/m2 (weiß) und 0,3 cd/m2 (schwarz) ein Nettokontrast von 400:1 vorliegt. In der Praxis arbeitet man also mit weit geringeren Kontrasten als die Datenblätter angeben und der angebliche technische Vorteil eines Monitors mit 1000:1 gegenüber einem Monitor mit 500:1 reduziert sich auf reine Zahlenspielereien, denn beide erreichen die 400:1 nach der Kalibration.

Luminanz (Helligkeit)

Die maximale Luminanz eines Monitors kann demgegenüber durchaus als Qualitätskriterium dienen, denn je höher die Maximalhelligkeit, desto länger kann der Monitor eine Zielhelligkeit von beispielsweise 120 cd/m2 erreichen. Da die maximale Helligkeit eines Bildschirms mit der Zeit abnimmt, ist eine hohe Maximalluminanz gleichbedeutend mit einer Alterungsreserve. Potentiell hat ein Monitor mit hoher Luminanz damit eine längere Lebensdauer, da die erreichbare Maximalluminanz erst nach Jahren unter das Niveau der Arbeitsluminanz fällt.

Abbildung 1 - Luminanzverlauf über die Lebensdauer eines Monitors mit Maximalluminanz (blau) und Arbeitsluminanz (rosa)

Blickwinkel

Ebenso kontrovers wie der Kontrast ist die Blickwinkelangabe. Ein Blickwinkel von 178° besagt dabei, dass der Kontrast bei seitlicher Sicht unter 89° nicht unter 1:10 sinkt, während er bei direkter Aufsicht beispielsweise bei maximal 1000:1 liegt. Zum einen stehen die beiden Kontrastwerte in einem eklatanten Missverhältnis und zum anderen sagt die Blickwinkelangabe nichts über die auftretenden Farb- und Helligkeitsverfälschungen bei Blickwinkelwechsel aus. Gerade diese sind aber entscheidende Qualitätskriterien für einen guten Proof- oder Bildbearbeitungsmonitor, denn TFTs leiden prinzipiell an einem stärkeren Farbdrift bei Blickwinkelwechsel als dies bei Röhrenmonitoren der Fall war.

Generell kann man TFTs in drei Klassen unterteilen, wobei den sehr blickwinkelstabilen S-IPS-TFTs die etwas weniger stabilen S-PVA/MVA-Modelle folgen. Abgeschlagen landen die TN-TFTs auf dem letzten Platz. Da auch hier Zahlen mehr zählen als der Inhalt, weisen viele TN-TFTs mittlerweile auch Blickwinkel von 170° und mehr in ihren Datenblättern aus. Allerdings findet sich dann in der Fußnote der Hinweis, dass hierbei von einem Verhältnis von 1:5 ausgegangen wird (manchmal wird auch dies weggelassen).

Waren die Werte vorher schon nicht wirklich aussagekräftig, so führt diese "Regeländerung" die gesamte Kontrastangabe ad absurdum. Vergleicht man dann ein solches 170° TN mit einem 178° S-IPS, wird dies mehr als deutlich, denn die Veränderung des IPS-TFTs spielt sich vornehmlich in der Helligkeit ab, während die Farborte relativ stabil bleiben. Bei einem TN-TFT verändern sich jedoch Farbigkeit und Helligkeit, und zum Teil lässt sich zusätzlich auch eine Kontrastumkehrung bzw. Invertierung beobachten. Als grober Anhaltspunkt mag deshalb gelten, dass TFTs mit 176°-178° als recht blickwinkelstabil gelten und Modelle mit weniger als 170° einen stärkeren Farbdrift ausweisen – jeweils bezogen auf ein minimales Kontrastverhältnis von 1:10.

Abbildung 2 - IPS (links) im Vergleich zu TN (rechts)

Farbraum

So wie bei Kontrast und Blickwinkel wird auch beim Farbraum mit unterschiedlichen Bezügen hantiert, um die Vergleichbarkeit objektiv zu erschweren. Für den Anwender sieht es aber im ersten Moment so aus, als wären die einzelnen Werte zueinander "kompatibel". Soll ein Monitor "besser" als die Konkurrenz erscheinen, so wählt man statt der Standardbezugsgröße CIE1931 einfach die CIE1976 Formel und schon gewinnt man 5% Prozentpunkte. Wie auch bei Delta-E Farbabweichungen hat es sich eingebürgert, dass, wenn kein weiterer Zusatz zu sehen ist, die Standardformel (hier Delta-E 1976) zum Einsatz kommt. Nur wenn explizit Delta-E 94 oder Delta-E 00 genannt werden, kommen diese Abstandsformeln auch zum Einsatz. Soweit die Theorie; die Praxis sieht leider anders aus. Da man davon ausgeht, dass CIE1931 für die NTSC-Angaben die Regel ist, sollten die Werte vergleichbar sein. Manchmal kommt dann jedoch CIE1976 zum Einsatz. Entspechend muss man hier besonders aufpassen. Interessant ist dabei, dass der Adobe-RGB oder sRGB Wert bei CIE1976 sogar niedriger ausfällt als bei CIE1931.

Abbildung 3 - CIE1931-Werte (links) im Vergleich zu CIE1976-Werten (rechts) / Volumen (ratio) gegenüber der tatsächlichen Abdeckung (coverage) von Farbräumen

Generell gilt, dass ein großer Farbraum keinen guten Monitor macht und hohe Zahlenwerte nicht unbedingt ein Kriterium für besondere Qualität sind. Der Gesamteindruck zählt.

LED ist gleichbedeutend mit großem Farbraum

Eine LED Hintergrundbeleuchtung ist nicht automatisch ein Garant für einen großen Farbraum. Man muss hier generell zwischen zwei Technologien unterscheiden. Auf der einen Seite stehen die RGB-LEDs und auf der anderen Seite die pseudo weißen LEDs. Während erstere tatsächlich sehr große Farbräume erzeugen können, dienen letztere primär dazu, Monitore energiesparender und umweltfreundlicher zu machen. Pseudo weiße LEDs weisen etwa den gleichen Farbraum auf wie normale 72% NTSC Monitore – Gamut-seitig also kein Fortschritt. Allerdings erreichen moderne CCFL-basierte HighEnd Monitore auch bereits Gamugrößen jenseits der 100%, die in der Vergangenheit rein den RGB-LED Backlights vorbehalten waren. LEDs sind also nicht per se die bessere Technologie.

Übereinstimmung zu Ausgabefarbräumen

Ein ähnlich gelagertes Problem findet sich bei der Übereinstimmung des Monitors mit Ausgabefarbräumen. Da wird von 100% Adobe-RGB gesprochen und gemeint ist in der Regel nicht etwa die tatsächliche Übereinstimmung, sondern nur die Flächengröße – besser das Volumen, da Farbräume dreidimensional sind (siehe Abb. 3: ratio steht dabei für Volumen und coverage für die tatsächliche Übereinstimmung). Wie in der Mengenlehre zählt nur die Schnittmenge und eben nicht die Größe der Teilmenge. Praktisch bedeutet dies, dass man theoretisch einen Monitor bauen könnte, der 100% Adobe-RGB Volumen hat, aber nur 50% Adobe-RGB abdeckt. So krass ist es in der Wirklichkeit nicht, aber 10% Abweichung zwischen dem Volumen und der tatsächlichen Kongruenz sind keine Seltenheit und es macht schon einen Unterschied, ob man 100% Adobe-RGB oder doch "nur" 90% Adobe-RGB reproduzieren kann.

Abbildung 4 - Adobe-RGB im Vergleich zu einem 101% Adobe-RGB Monitor (rot)

Fazit

Zahlen sind nicht alles und neben dem Vertrauen in den Hersteller seiner Wahl sollte auch ein persönlicher Blick auf das Wunschmodell sicherstellen, dass der Monitor hält, was das Datenblatt verspricht. Es müssen viele Faktoren zusammenkommen, damit ein Monitor ein wirklich gutes Arbeitswerkzeug ist.

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