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=================================== PDF/X – eine (kritische) Bilanz Wie steht der Druckdatenstandard PDF/X in der Praxis da? „Bitte liefern Sie uns ausschließlich Daten im PDF/X-1a- oder PDF/X-3-Format an“ - so oder so ähnlich liest man es mittlerweile auf den Webseiten vieler Druckereien. Keine Frage, PDF/X ist die weltweit gültige ISO-Norm für die Übermittlung von Druckdaten im PDF-Format. Umso erstaunlicher ist, dass viele Druckereien, die PDF/X-Daten anfordern, scheinbar nicht so mit PDF/X-Daten umgehen, wie es eigentlich in der Norm vorgesehen ist. Was steckt dahinter? Das PDF/X-1a - Ein Druckdaten-Standard von 2001 Das PDF/X ist genau genommen nichts anderes als ein Satz von Regeln, die beschreiben, wann ein PDF als digitale Druckvorlage geeignet ist. Die ISO-Norm 15930-1 regelt, welche Eigenschaften ein PDF/X-1a:2001 aufweisen muss, damit es für den Datenaustausch auf PDF-Basis geeignet ist. Unter anderem zählen dazu folgende Punkte: - Alle verwendeten Schriften müssen eingebettet sein, mindestens als Untergruppe (Mehr Infos zur X-Geschichte finden Sie hier: http://www.cleverprinting.de/newsletter0506_2.html
Das PDF/X war seinerzeit ein revolutionäres Konzept, das nach anfänglichem Zögern begeistert von der Druckbranche aufgenommen wurde. Erstmals war es möglich, Druckdaten in einem genau definierten Zustand weiterzugeben. Zudem beinhaltete die X-Konvertierung eine Prüfung auf die grundlegenden Voraussetzung zur Druckbarkeit (zu diesem Zeitpunkt war eine Überprüfung eines PDF auf mögliche Fehlerquellen bei weitem nicht so einfach wie heute). Kein Wunder also, das immer mehr Druckereien ihre Kunden aufforderten, Druckdaten bevorzug im PDF/X-Format anzuliefern. Missverständnisse und Unkenntnis Seit dem Acrobat 5 ist es denkbar einfach, ein PDF/X zu erzeugen. Man wählt einfach eines der mitgelieferten X-Distiller-Settings aus (PDF/X-1a oder PDF/X-3) und schon kann eine Postscript-Datei in ein PDF/X konvertiert werden. Ähnlich einfach ist es bei PDF/X-Export aus Indesign und XPress. Das ist leider nicht ganz richtig, denn bei der Prüfung auf X-Konformität wird lediglich geprüft, ob einige wenige grundlegenden Bedingungen zur Druckbarkeit erfüllt werden. Die Auflösung der Bilder, der Überdruck und viele weitere wichtige Parameter werden nicht geprüft – das ist Sache eines separaten Preflights. Besonders die Tatsache, dass der Distiller (und auch andere Programme, die eine X-Konvertierung vornehmen können) ein ICC-Profil in das PDF einbettet, ist den meisten Druckereikunden unbekannt. Dabei hat dieses als "Output-Intent" (Ausgabeabsicht) bezeichnete Profil eine sehr wichtige Funktion... Der Sinn und Zweck des Output-Intent Das eingebettete Profil, der Output-Intent, hat (vereinfacht ausgedrückt) die Funktion eines Notizzettels, der am PDF „klebt“. Aufschrift: „Dieses PDF (und die darin befindlichen Bilddaten) wurde für den Bogenoffsetdruck auf gestrichenem Papier hergestellt“ (z.B). Wenn das PDF nun an eine Druckerei gesendet wird, kann diese anhand des Output-Intent nachvollziehen, ob das PDF (und vor allem die darin befindlichen Bilddaten) auch zum geplanten Druckverfahren passen. Der Output-Intent beschreibt somit eine immens wichtige Information, die zu den Auftragsdaten gehört.
Fakt ist: Viele Druckereien in Deutschland sind dazu übergegangen, den Output-Intent zu ignorieren, egal was da drin steht. Aber warum, wenn es sich hierbei doch um eine äußerst wichtige Information handelt? Der Distiller prüft nicht nur die PDF/X-Konformität, er ist auch zum Einbetten eines Output-Intents (meist in Form eines ICC-Profils) gezwungen (zumindest, wenn die integrierte PDF/X-Prüfung erfolgreich sein soll). Wenn der Anwender hier nicht selbst die Voreinstellungen des Distiller ändert, dann wird „U.S. WebCoated SWOP v2“ eingebett (Joboption PDF/X-1a), ein Profil für den amerikanischen Rollenoffsetdruck. Beim Setting für PDF/X-3 bettet der Distiller „Coated Fogra 27“ ein, ein von Adobe erstelltes Profil für den Bogenoffsetdruck. Da die meisten Anwender nichts vom Output-Intent wissen, wissen sie auch nicht, dass der Distiller diesen selbstständig einstellt - wenn man nicht selbst zuvor Hand an das Setting legt. Denn eigentlich müsste der Anwender bei jedem PDF/X, welches er im Distiller erstellt, prüfen, ob der dort eingestellte Output-Intent tatsächlich zum geplanten Druckverfahren passt. Unterlässt er diese Prüfung, bettet der Distiller (je nach gewählter Jobotion) seine Standard-Output-Intents ein - die (besonders beim Profil SWOP) eigentlich nichts im PDF zu suchen haben... Selbst der programminterne Preflight des Acrobat 8 hat keine Skrupel, ohne Vorwarnung einen Output-Intent einzubetten, so z.B. beim Prüfprofil „Bogenoffset CMYK“. Auch beim PDF-Export aus InDesign, Illustrator und XPress wird – wenn X-konforme PDFs erstellt werden - ein Output-Intent eingebettet. Auch hier gilt, wie zuvor beschrieben: Stellt der Anwender nichts ein, werden die Programmvorgaben genutzt. Da viele Anwender sich aber nicht die Mühe machen, in InDesign eigene Colormanagement-Vorgaben einzustellen, wird auch hier häufig das Adobe-Profil „Coated Fogra 27“ eingebettet:
Was machen aber nun die Druckereien, die solche PDF/X-Daten erhalten? Viele Druckereien haben zwar auf ihren Webseiten den bedeutungsschweren Satz „Wir nehmen ausschließlich Daten im PDF/X-1a- oder PDF/3-Format an“ stehen, aber eine Prüfung, ob der Output-Intent in den gelieferten PDF/X-Daten auch zum Druckauftrag passt, erfolgt nicht. Michael Kessler, bei der Verlagsgruppe Ebner verantwortlich für die Herstellung, nennt das Problem offen beim Namen: Noch deutlicher wird ein Vorstufenleiter, der namentlich nicht genannt werden will: „Das PDF/X hat für uns keinerlei Bedeutung mehr. Auf wirklich relevante Fehler wird da eh nicht geprüft, der Output-Intent ist fast immer falsch. Hinzu kommt, dass viele unserer Kunden überhaupt nicht wissen, was der Output-Intent eigentlich ist. Bevor ich das dem Kunden erklärt habe verwerfe ich den Output-Intent lieber, prüfe mit Pitstop auf die wirklich wichtigen Dinge und konvertiere - wenn nötig - mit unserem Color-Server...“ Des Kaisers neue Daten? Es ist ein wenig wie beim Märchen "Des Kaisers neue Kleider". Viele Druckereien bestehen offiziell auf PDF/X-Daten, sprechen mit ihren Kunden jedoch nicht über eventuelle Probleme. Wichtige Bestandteile der X-Norm werden ignoriert, viele Druckereien verfahren nach Gutdünken mit den angelieferten PDF/X-Daten. Von einer einheitlichen (geschweige denn „genormten“) Verfahrensweise keine Spur. Wer sich die Mühe macht, wirklich korrekte X-Daten abzuliefern, bei denen der Output-Intent stimmt, der macht sich die Mühe umsonst. Wozu also noch das PDF/X? Auslaufmodell PDF/X? Das PDF/X als Austauschformat für Druckdaten ein Auslaufmodell? Wohl kaum, aber die Tatsachen sprechen für sich: Immer mehr Druckereien verzichten auf das „X“ und gehen eigene Wege außerhalb der Norm. Wie kommt es zu diesem bedenklichen Umstand? Von der Idee her ist das PDF/X ein hervorragendes Werkzeug um die Datenübertragung zwischen Kunde und Druckerei zu vereinfachen. Nur leider wissen noch immer zu wenig Druckereikunden, was ein PDF/X wirklich ist. Ein Grafikdesigner lernt während seines Studiums nur wenig über das Thema Druckdatenerstellung. Im täglichen Agenturstress bleibt nur wenig Zeit, sich mit den Einstellungen im Distiller und PDF-Export zu befassen. Er verlässt sich auf die Einstellungen, die ihm Adobe, Quark und Co. bieten. Und wenn hier schon Bilddaten ohne Warnung in SWOP konvertiert werden, wenn hier schon „falsche“ Output-Intents eingebettet werden, dann muss sich die Druckindustrie nicht wundern, wenn diese Daten dann im späteren Workflow zu Problemen führen. Der Kunde trägt die Verantwortung Druckereien und Vorstufenbetriebe wünschen sich PDF-Druckdaten, die ohne große Probleme, Unsicherheiten und Nachfragen in den Workflow übernommen werden können. Die Vorarbeit dazu muss jedoch der Kunde leisten! Aber so lange die Werkzeuge, die der Kunde dabei nutzt, mit fragwürdigen Voreinstellungen ausgeliefert werden, so lange werden wir in der Druckbranche auch fragwürdige PDFs erhalten. Der Kunde verlässt sich nun mal (zurecht?) darauf, dass sein 2.500,- Euro teures Softwarepaket mit halbwegs korrekten Einstellungen daherkommt. Und wer kommt als PDF-Novize schon darauf, dass sich hinter der Distiller-Joboption „PDF/X-1a:2001“ ein Setting verbirgt, welches RGB-Bilder ungefragt (und ohne Vorwarnung!) in den US-Amerikanischen SWOP-Farbraum konvertiert - und dieses Profil anschließend auch noch als „Ausgabeabsicht“ einbettet? Das PDF/X ist - wie bereits gesagt - ein hervorragendes Werkzeug. Es hat unseres Erachtens aber nur eine Zukunft als Standard, wenn es „sicherer“ und vor allem verständlicher wird. Neben dem X-1a und dem X-3 haben wir jetzt das X-4, das PDF/X-5 kommt... Schon jetzt herrscht bei diesem Thema innerhalb der Druckbranche eine „Kakophonie“: Druckerei A will X-1a, Druckerei B X-3, Druckerei C nimmt bereits X-4 an, Druckerei D will am liebsten ein “einfaches” PDF... Zudem wäre es gut, wenn die verfahrensangepasste PDF/X-Erzeugung vereinfacht werden würde. Dazu müssten allerdings die großen Software-Hersteller in die Pflicht genommen werden. Konzepte wie PDF/X-Ready, wo dem Anwender speziell angepasste Export- und Distiller-Settings, Prüfprofile und Joboptions zur Verfügung gestellt werden, sind zwar sehr lobenswert, packen das Problem jedoch nicht an der Wurzel. Denn von einem freiberuflichen Grafiker ist nur schwerlich zu erwarten, dass er sich nebenberuflich zum PDF-Experten weiterbildet. Hier wäre ein möglicher Ansatz, den PDF/X-Export aus InDesign, Illustrator und XPress transparenter zu gestalten. Auch für Druckereien haben sich die Anforderungen an das PDF/X geändert. Die in der PDF/X-Norm enthaltenen Prüfungen mögen ja seinerzeit revolutionär gewesen sein, die Möglichkeiten des Acrobat 9 und PitStop 8 - Preflights bieten jedoch völlig neue Möglichkeiten. Eine tiefer gehende und somit aussagekräftigere Prüfung während der X-Konvertierung wäre somit möglich - und wünschenswert. Wenn sich hier nichts tut, dann sind wir innerhalb kürzester Zeit wieder da, wo wir schon einmal waren - beim “Hausstandard”. Jede Druckerei nimmt ihr eigenes, bevorzugtes PDF-Format an, der Kunde hat keinerlei Gewissheit, was in der Druckerei mit seinen Daten geschieht. Die einen Prüfen, die anderen nicht. Die einen konvertieren, die anderen nicht. Eine branchenweite, genormte und zuverlässige Datenübernahme sieht allerdings anders aus... =================================== |
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