PSOcoated_v3: Problematisch für „warme“ Motive?
Einige Druckereikunden – und auch einige Farbmanagement-Experten – bemängeln die Qualität von PSOcoated_v3 und optisch aufgehellten „Premium-“ Papieren, wenn es um den Druck von „warmen“ Motiven geht. Hauttöne, Landschaftsaufnahmen, Mode und auch Food würden, nach der neuen Norm gedruckt, oft „zu kalt“ aussehen. Wir haben den Sachverhalt mal genauer unter die Lupe genommen und kommen zu dem Schluss: An den Vorwürfen ist etwas dran.
Zum Hintergrund:
Die Papierhersteller sind vor einigen Jahren dazu übergegangen, ihren gestrichenen Bogenoffsetdruck-Papieren vermehrt optische Aufheller zuzusetzen. Diese Hilfsmittel sorgen dafür, dass das Papier vom Betrachter weißer wahrgenommen wird. Weißer, so argumentieren die Papierhersteller, wirkt frischer, reiner, strahlender. Und je weißer das Papier, desto größer der Farbraum. Auf weißerem Papier lassen sich Farben unverfälschter wiedergeben, als das auf Papieren der Fall ist, die eine leicht gelblich-gräuliche Eigenfärbung haben. So weit zur Theorie – und zu den Marketing-Aussagen der Hersteller.
In der Realität zeigt es sich jedoch, dass warme Farbtöne, zum Beispiel in einem Hautton, dem Betrachter oft „zu kalt“ erscheinen.
Wir machen einen Test, mit einem anspruchsvollen Hautton-Motiv.
Um sicherzustellen, dass die Messwerte wirklich identisch sind, teilen wir das Motiv zunächst in der Mitte. Mit der Pipette setzen wir 3 Messpunkte, 5×5 Pixel groß. Wir konvertieren das Motiv in ISOcoated_v2_300, notieren die Farbwerte der Messpunkte. Danach wird das ursprüngliche sRGB-Bild erneut konvertiert, dieses mal in PSOcoated_v3. Auch hier notieren wir die Farbwerte der Messpunkte. Wir platzieren beide Bilder in InDesign, spiegeln das PSO_v3-Motiv, schreiben die Messwerte neben die Bilder.
Es zeigt sich, dass das v3-Motiv weniger Magenta und weniger Gelb beinhaltet. Im Bereich der Stirn ist dies auch bereits am Bildschirm sichtbar. Wir haben die Datei nun proofen lassen, einmal nach ISOcoated_v2_300, einmal nach PSOcoated_v3. Auf Fotos der Proofs ist das Ergebnis nicht gut sichtbar, daher hier eine Montage aus Softproofing-Screenshots.
Links der Softproof von ISOcoated_v2_300, mit aktivierter Papierweiß-Simulation. Das „wärmere“ Papier in Verbindung mit dem etwas höheren Magenta- und Gelbanteil sorgt für einen warmen Grau-, sowie einen warmen Hautton.
Rechts der Softproof von PSOcoated_v3, mit aktivierter Papierweiß-Simulation. Das „kältere“ Papier in Verbindung mit dem etwas geringeren Magenta- und Gelbanteil sorgt für einen kalten Grau-, sowie einen kälteren Hautton. Im Ergebnis wirkt der Hautton leicht „rosig“.
ACHTUNG: Die Darstellung der Farben in unserem Beispiel, besonders das Papierweiß, ist natürlich auch Abhängig von IHREM Monitor und wie dieser kalibriert ist!
Die Profis unter den Lesern werden jetzt anmerken, dass ja, wenn die Motive einzeln als Proof oder Druck betrachtet werden, die „Chromatische Adaptation“ das Papierweiß „neutralisiert“. Im Ergebnis würde ein Betrachter das „kalte“ Papierweiß nach wenigen Sekunden nicht mehr als kalt wahrnehmen, sondern als neutrales Weiß.
Das ist richtig. Aber, die chromatische Adaptation wirkt sich nicht auf den Hautton aus, der wird weiterhin als „zu Kalt“ wahrgenommen.
Worauf ist dies zurückzuführen? Prof. Florian Süßl, Farbmanagement-Experte, erklärt dies so:
„Der Effekt ist auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum Einen ist hier der relativ Farbmetrische interne Rendering-Intent von Druckprofilen – also nicht nur des Profils PSOcoated_v3 – zu nennen. Der sorgt für eine strikt „mathematische“ Umwandlung von RGB-zu-CMYK. Zum Anderen wurde bei der Erstellung des Profils noch davon ausgegangen, das die „chromatische Adaptation“ der menschlichen Farbwahrnehmung hier korrigierend eingreift. Leider ist das nicht so stark der Fall, wie ursprünglich erwartet. Um dem entgegenzuwirken, muss bei der Profilerstellung der perzeptive Rendering Intent angepasst und später auch bei der Farbwandlung gewählt werden. Das war beim Erstellen des Profils PSO Coated v3 noch nicht klar.“
Fazit:
Farbe wird in der grafischen Industrie vermessen, ausgewertet und bewertet. Bei aller Vermessung und Optimierung wird eines jedoch oft vergessen: Es ist der Mensch, der letztendlich beurteilt, wann eine Farbe als gut oder angenehm empfunden wird. Und die menschliche Farbwahrnehmung kann durchaus anderer Meinung sein, als das die Delta-E-Werte eines Proofd oder Drucks vermuten lassen.
Wer also „warme“ Motive drucken lassen will, der ist unter Umständen gut beraten, auf PSOcoated_v3 und stark optisch aufgehellte Papiere zu verzichten. Die bewährten v2-Profile und Papiere mit weniger optischen Aufhellern können hier deutlich bessere Ergebnisse liefern.
Alternativ bietet es sich an, weiterhin mit ISOcoated-v2-Profilen zu separieren, im Layout einen 2%-igen Gelb-Fond anzulegen und diesen über den Motiven flächendeckend (und überdruckend) zu platzieren. So wird ein Papier nach alter Norm simuliert, die warme Anmutung bleibt auch auf stark optisch aufgehellten Papieren erhalten.